Michael Morris:
Eine realistischere Weltsicht [1998]

September, 1998

Michael Morris (USA) ist ein Grafikdesigner und Künstler, dessen Bilder in beschränkten Auflagen veröffentlicht wurden. Er machte seinen Abschluss als Bachelor of Science in Kunstbildung am Kansas State College in Pittsburg und machte später noch Abschlüsse als Bachelor und Magister der Schönen Künste an der Yale Universität New Haven, Connecticut. Sie können sich unter http://www.artistmichaelmorris.com/
 
Excerpt from Massurrealism: A Dossier (Novus Haus, 2004) :

"...Massurrealismus ist die Verwirklichung einer Suche, die den fruchtbaren Boden erkundet, der sowohl Realität als auch Phantasie umfasst - das Bewusstsein und das Unterbewusstsein. Im Massurrealismus verbinden die Künstler Abbildungen aus der äußeren Welt (der Masse) und der inneren Welt (dem Surrealen). Massurrealismus bringt auf diese Art ungleiche Seiten unseres Lebens in direkte Verbindung und setzt persönliche Symbole und Bilder der Massenkultur nebeneinander, wobei die Konflikte selbst oft kombiniert werden, das schwere, hämmernde Pulsieren einer vorwärtsstürmenden Lokomotive (Massentransport) und die weiche, schmiegsame Form einer Frau, die davonschwimmt; die modische Kultiviertheit eines Cocktails mit der einfachen Unschuld eines neugierigen Goldfisches. Wir könnten fragen, was ist echt? Was existiert in der Phantasie?

Definition des Massurrealismus
Diese neuen Bilder bieten einen Einblick in ein universelles Hologramm; eine Ansicht, die auf etwas hinweist, das über einfache Bilder hinausgeht; eine Vision, die vielleicht nichts erklärt – aber andererseits alles erklären könnte. Als solches strebt der Massurrealismus nach dem, was vielleicht der endgültige Realismus ist. Zuerst gibt es die Vorstellung vonMasse, Fernsehen, Werbung und dem Internet hin zu den Erzeugnissen der Massenproduktion - Wecker, Autos, Eisenbahnen, Düsenflugzeuge usw., von Massenkultur - Getränkedosen, Cocktails, Wasserbälle, Schwimmbäder usw. - zur unerklärlichen Masse der Teilchenphysik, Energie und der Einheit des Universums. Wie Rembrandt stürzt der Massurrealist den Zuschauer in die Details des täglichen Lebens. Wie Van Gogh drückt er die Energie und Kraft des Lichtes aus, die schimmernde Realität von Objekten, und zeigt wie Warhol die Wirklichkeit der Gattungsobjekte selbst. Das Surreale hat seine Wurzeln in vielen Quellen - von Träumen und Einblicken, Hoffnungen und Ängsten, Sehnsüchten, halberklärten Begierden und anderen unterbewussten Mysterien. Trotzdem ist es auch surreal, denn was zurückbleibt, ist unsere indi- viduelle Erinnerung, unsere eigene Interpretation dieser Realität. Hier wird es interessant, bei den verschiedenen Persönlichkeiten und Techniken jedes Künstlers. Waren Andrew Wyeth, Edward Hopper und Thomas Eakins bloße Realisten? Oder können wir noch etwas anderes als Realität finden in der Sterilität einer einzelnen Frau auf einem Feld oder der schwelenden Sexualität eines Mannes und seiner Sekretärin in einem kleinen Büro oder den lebendigen Glanzpunkten und tiefen Schatten von Ruderern auf dem Schuylkill – etwas aus der Erinnerung oder aus Träumen, etwas Surreales? Das Surreale ist die visuelle Schilderung unseres Unterbewusstseins. Es ist die kreative Kraft, die Intuition, das Autonome. Es ist unsere Phantasie. Realität ist das, was jetzt geschieht. Es ist das, worauf man sich nur jetzt einigen kann. Heute haben diese beiden Schubkräfte - das Äußere und das Innere - begon- nen, noch heftiger in unseren Verstand einzudringen. Musik auf den Straßen wird lauter, die zerbrochenen Bierflaschen und Verpackungen von Burger King aufdringlicher. Dennoch stehen diesem Schreien und diesem Chaos auch Ruhe und Ordnung gegenüber - Mozart und Bix Biederbecke sind jederzeit verfügbar. Ein friedlicher Sonnenuntergang oder das stille Wasser eines Sees sind nur wenige Schritte entfernt. Alle werden wir angezogen und gleichzeit- ig erschreckt von diesen Anfängen einer globalen Kultur, von neuen Erkenntnissen über die Universen, groß und klein, die Fragen über unseren Platz darin. Es gibt eine neue unvermeidliche Entfaltung von Spiritualität im Inneren. Ein kollektives Bewusstsein von globalem Erwachen. Dies sind alles Ideen und Realitäten, die der Massurrealismus konfrontiert, anspricht und einschließt. Das Aufsteigen des Unterbewusstseins an die Oberfläche.

Die Kunstgeschichte, die zum Massurrealismus führt
Vielleicht können wir besser verstehen, was Massurrealismus eigentlich ist, indem wir betrachten, was diesem voranging, und wie es in den total verrück- ten Strom von Ideen und Bildern passt, die heute das Erbe von jedem von uns bilden. Es ist eine vielfältige und weitreichende Chronik, doch eine, die wir nur allzu oft als selbstverständlich ansehen. Diese Aussage schließt solche unter- schiedlichen Genies wie Van Gogh und Michaelangelo, Ingres und Warhol, Courbet und Dali ein. Denn auf vielfältige Weise sind wir deren Erben. Wir fol- gen den Pfaden, die sie und Tausende andere uns eröffnet haben. ..."