Ginnie Gardiner :
Über Massurrealismus

1998

Ginnie Gardiner (USA), ist eine Malerin, die im Jahr 1974 ein Studium der Schönen Künste an der Cornell Universität abschloss. Nach der Tätigkeit als jüngste Bundesdirektorin bei einem öffentlichen Kunstprojekt während der siebziger Jahre bei ArtWorks in New York produzierte Gardiner bis Mitte der achtziger Jahre Spezialeffekte und Testwerbespots. Danach wandte sie sich voll und ganz ihrem Chelsea Kunststudio zu. Gardiners Bilder, die sich in zahlreichen national und international beachteten öffentlichen und privaten Sammlungen befinden, sind seit fünfzehn Jahre überall ausgestellt worden. Sie ist gegenwärtig bei Pavel Zoubok in New York City und Flanders Contemporary Art (Minneapolis, Minnesota) vertreten.
 

Excerpt from Massurrealism: A Dossier (Novus Haus, 2004)

"... Als ich damit begann, im Rahmen dessen, was jetzt als Massurrealismus bezeichnet wird, zu arbeiten, gab es einen solchen Ausdruck nicht. Künstler wie ich arbeiteten etwas unsicher unter dem Oberbegriff von "Pop-Art", ein Ausdruck, der immer einen gewissen Grad Ironie der Massenkultur implizierte. Ich begann, meine massurrealistischen Themen als Produzent von Testwerbespots und Spezialeffekten in den Anfangsjahren von Videoproduktion und MTV zu erkunden. Im Videomedium legten wir Bilder auf nahtlose 'Push Frames', so dass der Betrachter das Gefühl einer endlos offenen Landschaft hatte. Dieses
Designformat habe ich in meinen Multi-Image Bildern "See Through You",
"Broken Promises" und "Icey Dicey" angewandt. In diesen Bildern kann das volle Panorama vom festen Verhältnis 4:5 des Fernsehbildschirms gelöst werden und schafft einen flexibleren, räumlicheren Sinn.

Videoanimationswerkzeuge haben eine Rolle in meiner kontinuierlichen
Entwicklung gespielt, ebenso wie eine direkte Resonanz meiner Anliegen und der von James Rosenquist, Richard Hamilton, David Hockney und in letzter Zeit das Schaffen von David Salle; Künstler, die ich persönlich eher als Massurrealisten denn als postmoderne Künstler sehe. Ich glaube, dass sie eine Tradition fortsetzen, die mit dem Photomontagekünstler John Heartfield und

den Surrealisten Ernst, Magritte und Dali in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts begann. Ich bin bestrebt, im Kopf des Betrachters eine Art Traumzustand zu erzeugen, indem ich die Ikonographie der Massenkultur in den Kontext der historischen Kontinuitäten der schönen Künste stelle und Medienbilder in einer kubistischen surrealistischen Struktur verbinde. Die Massenkultur hat die Schwellen beim größten Teil der Gesellschaft gesenkt, so dass sich die meisten Leute mit freien Assoziationen und "träumen im Wachzustand" umzugehen wissen. Wir haben DADA, Collagen, Montagen, digitale Überlagerung und die elektronische Manipulation von Abbildungen geerbt. Viele Videoproduktions- und Nachproduktionseinflüsse in meinen seit 1987 geschaffenen Bildern beinhalten dies: den fragmentierten surrealen Fluss von Abbildungen; Collage, zum Fetisch erhobene Konsumbilder, Fragmentierung, mehrfache oder zusammengesetzte Abbildungen,

Mehrfachlichtquellen, Maßstabsänderungen, tonale Bildüberlagerung mit Linienelementen und Pushframeformate. Künstler, die Montagen schaffen, sind Editoren; sie wählen, verfeinern und ändern Fragmente. Ob Künstler heutzutage die disjunktive Hyperrealität des Massurrealismus annehmen oder zurückweisen, sie sind sich dessen dennoch hyperbewusst...."